Artikel Süddeutsche Zeitung: Warum Gerhard Polt beim Schlierseer Kulturherbst mitmischt

 

Zum 16. Mal bringt der Schlierseer Kulturherbst mit einem Programm aus allen Genres den Ort zusammen – mithilfe des Kabarettisten und anderen ansässigen Künstlern.

Artikel Süddeutsche Zeitung 1.10.2024

Von Oliver Hochkeppel

 

Wegmann, der für Hotels arbeitet, aber auch Kirchenrenovierungen plant und für den Denkmalschutz arbeitet, empfindet bis heute eine Verpflichtung, „etwas zurückzugeben, aus Dankbarkeit, dass ich hier in Schliersee leben und arbeiten darf“, wie er sagt. Glücklicherweise spüren auch andere eine solche Verbundenheit mit dem Heimatort. Privatleute bürgten in der Coronazeit für die Künstlergagen. Und im aktuellen Programmheft finden sich über 30 Sponsoren und Partner, vom Handwerker über Almen und Fischerei bis zum E-Werk oder den örtlichen Banken.

 
 
 

Dann natürlich die ansässigen Kreativen selbst. Der Jazz-Schlagzeuger Matthias Gmelin etwa, Aktivposten der süddeutschen Szene, aus der er immer wieder Jazzer nach Schliersee lotst. Heuer schon zum Eröffnungsabend das Munich Uptown Jazz Orchestra. Timm Tzschaschel, ehemaliger Chefdirigent mehrerer Opernhäuser und Musikdirektor des Bangkok Symphony Orchestra, der seit 16 Jahren für ein Konzert ein Orchester zusammenstellt. Der Pianist Ernst Burger oder zuletzt Neubürger Helmfried von Lüttichau. Und auch die wohl prominentesten Bewohner, Tini und Gerhard Polt. Gleich nach dem ersten Anlauf waren sie mit fest dabei, seither dank ihres Netzwerks andere Kabarettisten oder Musiker zum Kulturherbst; Polt tritt zumeist auch selbst auf.

„Wir sind der kleine Bruder vom großen Tegernsee,“ sagt Wegmann. „Aber aus dieser Bescheidenheit bei allen, den Möglichkeiten, dem Budget machen wird das Bestmögliche.“ Immerhin hat Schliersee – anders als der Tegernsee – einige besondere Spielstätten zu bieten. Eines der schönsten und ältesten Bauerntheater Bayerns zum Beispiel, das nun Dreh- und Angelpunkt des Kulturherbsts ist. Das einzigartige Freilichtmuseum von Markus Wasmeier, das auch schon lange mitmacht. Die Kirchen und Kapellen des Ortes und nicht zuletzt die Vitalwelt, seinerzeit Stein des Anstoßes.

Vom 10. bis 30. Oktober läuft nun die 16. Ausgabe mit 18 Veranstaltungen. Zum ersten Mal findet die Eröffnung im 600 Jahre alten Heimatmuseum statt, aus gutem Grund: Führt doch die Ausstellung „Das Guade Gwand“ Kathie Ausfelders Fotografien der Schlierseer Festtagstracht im Jahreskreis mit Exponaten aus der Sammlung japanischer Kimonos von Mae Rose Rossteuscher zusammen – was die Bedeutung der Tracht als globales Kulturgut veranschaulichen soll. Die zweite, nicht minder besondere große Ausstellung des Kulturherbstes präsentiert in der Vitalwelt herausragende zeitgenössische Architektur und Kunst aus Südtirol.

Weiter geht es dann unter anderem mit historischen Kinderspielen im Markus Wasmeier Freilichtmuseum (13. Oktober) und mit dem Südtiroler Kabarett-Duo Thomas Hochkofler und Karin Verdorfer (19. Oktober). Es gibt Lesungen – Franz Steinmassl liest aus Karl Kraus’ „Die letzten Tage der Menschheit“, Jan Philipp Reemtsma, Bernd Rauschenbach, und Stephan Opitz aus den Werken Peter Rühmkorfs – und viel Musik: Von der Renaissance und dem Frühbarock über spanische Gypsy Music und Joerg Widmosers Weltmusik-Quintett Radio Europa bis zu Neuer Volksmusik vom Trio Well Cojocaru (27. Oktober) und der A-Capella-Truppe Colourblind (30. Oktober).

Gerhard Polt spricht am 13. Oktober im Bauerntheater mit dem ehemaligen Botschafter und Staatssekretär des Auswärtigen Amts Markus Ederer über das Thema „Humor kennt keinen Untergang. Und hat bereits seit August den „Humor Parcours“ des Forums Humor in den Kurpark geholt. Klingt doch alles sehr versöhnlich.