2016 Endlich wieder leben BAUERNTHEATER

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A. Greipel, K. Hirtreiter, P. Franz, E. Oberhorner, S. Mlynek, G. Engelhard (v.l.). Foto: Monika Ziegler

Gestern Abend feierten die Schlierseer ein Jubiläum: Vor 50 Jahren wurde das Bauerntheater nach jahrelanger Spielpause wieder eröffnet. Zur Feier spielte das Ensemble „Bluatwürst & Sauschwanzl“ von Christian Lex unter der Regie von Elisabeth Oberhorner, eine etwas andere Komödie.

TEXT  von Monika Ziegler // KULTURVISION

Nein, man sei nicht der neue Schlierseer Dreigesang, beruhigte Johannes Wegmann das Publikum, als er mit Bürgermeister Franz Schnitzenbaumer und Heiner Oberhorner vom Bauerntheater und den Schlierachtalern Musikanten, die den Abend stimmig begleiteten, auf die Bühne kam. Der Organisator des Schlierseer Kulturherbstes bezeichnete das Bauerntheater als Meilenstein und Grundfeste der alljährlichen Veranstaltungsreihe.

Franz Schnitzenbaumer erinnerte an die Historie des Hauses, das 1892 gegründet wurde, sogar in New York spielte, dann Fronttheater wurde, dessen letzter Vertreter Georg Attlfellner heute noch auf und hinter der Bühne wirkt und das 1958 geschlossen wurde. Dem damaligen Bürgermeister Kaspar Hirtreiter sei es zu verdanken, dass das Bauerntheater 1966 wieder eröffnet wurde. Heute spiele man ein etwas anderes Stück. Es solle an die 1,9 Millionen Vertriebenen nach 1945 erinnern.

Vermutet man hinter dem Titel „Bluatwürst & Sauschwanzl“ derben Klamauk, irrt man sich gewaltig. Das Stück wartet zwar mit pointenreichen heiteren Dialogen auf, dahinter aber steckt eine Menge Historie, eine Menge menschliches Leben, das durch den Krieg massiv verändert wurde.

Schwarzschlachtung

Elisabeth Oberhorner spielt überzeugend die Metzgersfrau Johanna, die seit vier Jahren nichts von ihrem Mann gehört hat, von der Last die Familie durchzubringen, gebeugt, aber immer noch attraktiv ist. Kein Wunder, dass ihr Veterinärkontrolleur Jackl, von Hans Schrädler glaubwürdig in seiner Zerrissenheit gespielt, nachstellt.

Aber auch Kaspar Hirtreiter als der charmante Captain Duke drückt bei seinen Razzien schon mal ein Auge zu, Johanna gefällt auch ihm. Aber sie schlachtet immer mal wieder schwarz eine Sau. „Wovon sollen wir leben?“, fragt sie entschuldigend. Behilflich ist ihr dabei Opa Franz, den Schorsch Kaltner grantelnd darstellt.

Auch Cousin Ernst-August tut sein Bestes, um zu helfen, aber da er kein Blut sehen kann und immer wieder umfällt, ist er eher hinderlich. Florian Reinthaler ist in Mimik und Gestik köstlich und seine Klassikzitate bringen in den bairischen Alltag eine besondere Note.

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Gitti Engelhard und Schorsch Kaltner. Foto: Monika Ziegler

Integration gelungen

Zum Publikumsliebling avanciert die aus Breslau vertriebene Edda. Gitti Engelhard hat eine Paraderolle, in der sie sprachlich und mimisch ihre komödiantische Ader ausleben kann. Sie nistet sich gegen alle Widerstände, insbesondere vom Opa, in der Familie ein und gehört schon bald dazu. Integration gelungen, wenn der Opa am Ende sagt, wenn sie bliebe, wäre es denn gar nicht so schlimm. Das Ganze in Hochdeutsch.

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Sabine Mlynek und Andreas Greipl. Foto: Monika Ziegler

In der nächsten Generation hilft die Liebe ebenso, die gesetzeswidrige Schwarzschlachterei zu vernebeln. Tochter Hilde, lebendig und authentisch in ihrer Angst von Sabine Mlynek gespielt, „will endlich wieder leben“, und so fängt sie eine Beziehung mit dem Auswanderer Fred an. Andreas Greipel gibt dem GI die erforderliche Liebenswürdigkeit.

Und dann ist da noch Sohn Max. Sixtus Baumann spielt den bedenkenlos auf dem Schwarzmarkt tätigen Heranwachsenden in all seiner Aufmüpfigkeit. Der Titel des Stückes wird erst am Ende klar, als nämlich Johanna wieder einmal schwarz schlachtet und ein verhängnisvoller Fehler sich einschleicht. Jetzt aber ist das Familienglück zunächst perfekt, denn Ehemann Vitus kommt aus der Gefangenschaft. Peter Franz gibt dem Heimkehrer Wärme und Vertrauenswürdigkeit.

Mit Tempo, Sprachwitz und überraschenden Wendungen gelingt es Regie und Darstellern, einen gelungenen, unterhaltsamen und zugleich nachdenklichen Theaterabend zu gestalten, ein würdiges Jubiläum.

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